WEIT ENTFERNT

Bronceskulpturen von Sigrid Carl

 

Weit entfernt sind die gezeigten Bronceskulpturen von Sigrid Carl im doppelten Sinne. Der Innenhof, in dem sie zu sehen sind, bleibt während der gesamten Ausstellungszeit, mit Ausnahme des ersten Tages zur Eröffnung verschlossen. So können die Arbeiten nur aus einer – wenn auch nur geringen – Distanz, von weitem betrachtet werden. Hinzu kommt, daß die Arbeiten selbst weit entfernte Orte zeigen: Ein Blick auf eine Baumgruppe, einen geschwungenen Weg, einen Wald oder zwei Häuser, die sich auf einer Anhöhe dicht aneinanderschmiegen. Man könnte sagen, auch wenn es paradox klingt, daß die Ferne ganz nahekommt. Denn selbst wenn der Betrachter sich ganz nah an die Arbeiten heranbewegen würde, bleiben die dargestellten Orte nach wie vor fern.

 

Dieses eigenartige Zusammenspiel von Nähe und Ferne findet eine Parallele in einem zweiten Zusammenspiel, dem von Innen und außen.  Blickt man von außen in ein Gebäude, erwartet man normalerweise einen Innenraum. Schaut man dagegen auf der rückwärtigen Seite des Morgenländischen Baus durch die vergitterte Öffnung ins Innere, begegnet man dem, was man außen kennt, der Natur, denn inmitten des Morgenländischen Baus steht ein Baum. Der Bau hat Natur sozusagen in sich eingeschlossen. Außerdem steht der Morgenländische Bau am Rande eines Buchenhains. Der Bau steht also nicht nur in der Natur, sondern gleichzeitig ist die Natur gewissermaßen durch den Baum im Inneren des Baus auch wieder in ihm.

 

Die Bronceskulpturen greifen diese Verschränkungen von innen und außen auf. Landschaft, wie sie um Sanspareil erlebt werden kann, ist mit den Landschaftsskulpturen nach innen, in den Innenhof des Morgenländischen Baus geholt worden. Durch das Herauslösen aus ihrem gewohnten Zusammenhang in der Natur draußen und das Hineinstellen in einen anderen, nämlich dem Ausstellungsraum, kann der Betrachter eine neue Sicht auf so scheinbar doch jedem Bekanntes, wie einen Baum, ein Feld oder einen Wald, gewinnen.  

 

Zu dieser Ausstellung gehört darüber hinaus nicht nur die Betrachtung der hier ausgestellten Landschaftsskulpturen, sondern gleichzeitig eine Fahrt zu einem zweiten Ausstellungsort, wo ebenfalls, Landschaftsstücke unter dem Thema „Innen Land“ von Sigrid Carl zu sehen sind: im Comoedienhaus von Schloß Fantaisie in Donndorf bei Bayreuth. Fährt man mit dem Auto von Sanspareil dorthin, erwartet einen eine kurvenreiche Strecke über die Jurahöhe von Großenhül nach Kleinhül, weiter über Gelbsreuth nach Fernreuth. Kurz nach der Ortsende von Fernreuth muß man links abbiegen Richtung Bayreuth, kommt schließlich nach Schönfeld und dann geht es weiter steil hinab nach Busbach, gleich aber wieder bergauf in serpentinenartigen Kurven und abermals auf eine Höhe, dann erreicht man, nochmals leicht bergab am Ende Eckersdorf-Donndorf. Auf der rechten Seite liegt dann die wunderschöne Gartenanlage von Schloß Fantaisie mit dem Comoedienhaus.  Dieses Fahrerlebnis zwischen den beiden Ausstellungsorten und das Erlebnis der Landschaftsskulpturen an beiden Ausstellungsorten – Sanspareil und Schloß Fantaisie – schließen erst den Kreis und machen aus den beiden Einzelausstellungen ein Ganzes! Die beiden Ausstellungsorte und die Landschaft dazwischen können sich damit dem Betrachter zu einen räumlich großen, weiten Gesamtkunstwerk zusammenschließen.

 

Infotext zur Ausstellung „Ferne Orte“, 2006, Morgenländischer Bau Sanspareil.